Leicht verständliche Sprache im Journalismus und darüber hinaus
Wenn Nachrichten zu aktuellen Themen, z.B. aus der Politik, in Standardsprache veröffentlicht werden, haben einige Menschen Schwierigkeiten sie zu verstehen. Einen Lösungsansatz für dieses Problem bieten journalistische Angebote in leicht verständlicher Sprache. Sie richten sich zum Beispiel an Personen mit Lernschwierigkeiten, an Legasthenikerinnen und Legastheniker oder an Migrantinnen und Migranten. Wie sehen solche Angebote aus? Wer produziert sie und welche Herausforderungen bringt ihre Produktion für Medienhäuser mit sich?
All das zeigte Steffen Grütjen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Journalistik und Kommunikationswissenschaft, am Donnerstagabend am Zukunftscampus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) im Rahmen eines Vortrags. Er brachte Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Leichte und Einfache Sprache im Journalismus“ mit, das er koordiniert. Im Anschluss daran tauschten sich die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen mit leicht verständlicher Sprache aus.
Steffen Grütjen verdeutlichte, dass unterschiedliche Vorstellungen und Konzepte existieren, um Texte, Audio- oder Videobeiträge leichter verständlich zu machen. Darunter fallen zum Beispiel die Einfache und die Leichte Sprache. Für Letztere gibt es geschulte Prüferinnen und Prüfer sowie die Möglichkeit, entsprechend geprüfte Texte als Angebote in Leichter Sprache besiegeln zu lassen. Wie das funktioniert, erfuhren die Gäste am Donnerstagabend aus erster Hand. Mit Michaela Glas war im Publikum und in der späteren Diskussionsrunde eine Prüferin für Leichte Sprache vor Ort, die von ihren Erfahrungen berichtete. Sie schilderte beispielhaft den Prüfprozess: Ihr werden zum Beispiel zu prüfende Texte vorgelesen und sobald sie eine Formulierung oder ein Wort nicht versteht, unterbricht sie und merkt das an. Dann wird gemeinsam nach Lösungen gesucht, um die Textpassage sprachlich zu vereinfachen.
Leicht verständliche Sprache im Journalismus: Angebote kaum bekannt
Leicht verständliche Texte helfen dabei, dass wichtige Informationen mehr Menschen erreichen. Obwohl solche Informationen, unter anderem zu Wahlen, schon seit vielen Jahren in leicht verständlicher Sprache auf Webseiten von Behörden zu finden sind, gibt es bislang erst wenige entsprechende journalistische Angebote. Steffen Grütjen zeigte in seinem Vortrag Pionier-Beispiele wie die im Sommer 2024 gestartete „tagesschau“ in Einfacher Sprache oder „nachrichtenleicht“, ein crossmediales Format des Deutschlandfunks. Diese und wenige weitere seien Einzelfälle und aktuell erst auf dem Weg, in ihrer Zielgruppe deutlich bekannter zu werden.
Ein Ergebnis des Forschungsprojektes „Leichte und Einfache Sprache im Journalismus“ ist, dass die bestehenden Angebote in ihrer Zielgruppe kaum bekannt sind und entsprechend noch wenig genutzt werden, so Steffen Grütjen. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen hat er wissenschaftliche Interviews mit 30 Menschen geführt, die Teil der Zielgruppe leicht verständlicher Sprachkonzepte sind.
Ergebnisse der Studie werden an Redaktionen weitergegeben
Die Ergebnisse dienen nicht nur der Wissenschaft. Als Wissenstransferprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Friederike Herrmann bietet „Leichte und Einfache Sprache im Journalismus“ auch Informationen für den Journalismus an: „Unser Forschungsprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, das Thema ‚Leichte und Einfache Sprache‘ ins Bewusstsein journalistischen Arbeitens zu rücken und neben Einblicken in die Mediennutzung der vielfältigen Zielgruppen praxisnahe Handreichungen für Redaktionen zu erarbeiten. Die Ergebnisse unserer Studie spielen wir gezielt in den Journalismus zurück“, erklärte Steffen Grütjen.
Sein Vortrag diente als Impuls für die anschließende Diskussion, zu der neben Michaela Glas auch Antje Brunsemann vom Caritaszentrum St. Vinzenz aus Ingolstadt und Johannes Hauser, Redakteur und Fotograf beim DONAUKURIER in der Lokalredaktion in Ingolstadt eingeladen waren.
Bücher und Stadtführer in Einfacher Sprache
Im Sinne einer offenen Diskussion beteiligten sich viele weitere Gäste am Austausch und brachten ihre Erfahrungen und Fragen ein. Dabei wurde auch sichtbar, welche Angebote in leicht verständlicher Sprache es in Ingolstadt schon gibt. Monika Wenk, Mitarbeiterin der Stadtbibliothek Ingolstadt, berichtete zum Beispiel von Büchern in Einfacher Sprache. Auf einen Stadtführer in Einfacher Sprache wies die Inklusionsbeauftragte der Stadt, Inge Braun, hin.
Der Abend zeigte, wie vielfältig Angebote in leicht verständlicher Sprache sein können, und dass sie zur Inklusion beitragen – nicht nur, aber auch im Journalismus. „Leichte und Einfache Sprache ermöglichen Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs und fördern den Zugang zu verständlichen Informationen. Dieses demokratische Moment ist für den Journalismus von besonderer Bedeutung und Relevanz“, sagt Steffen Grütjen.
Vortrag im Rahmen der Democracy Machine
Der Vortrag mit anschließender Diskussionsrunde wurde im Rahmen des Wissenstransferprojektes „Mensch in Bewegung“ organisiert. Er ist Teil des Rahmenprogramms zur Democracy Machine, die bis zum 8. Dezember 2024 am Zukunftscampus der KU in Ingolstadt gastiert. Das interaktive Kunstwerk ist eine Leihgabe des Zentrums für Kunst und Medien in Karlsruhe (ZKM). Es wird in Ingolstadt im Rahmen einer Kooperation der KU mit dem Wirtschaftsreferat der Stadt Ingolstadt ausgestellt.
Weiterführende Informationen zur Democracy Machine und zum Projekt „Leichte und Einfache Sprache im Journalismus“ finden Sie unter den folgenden Links: